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Harry Potter und der Halbblutprinz
Science Fiction & Fantasy
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Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Jim Broadbent, Tom Felton
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David Yates
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"Ich schau dich an und sehe immer noch den elfjährigen Jungen von damals. Ich vergesse ganz, wie Erwachsen du doch mittleweile geworden bist."
So (sinngemäß) redet Dumbledor mit Harry.
Besser kann man meine Gefühle für den Film nicht zusammenfassen.
Harry Potter, ein Stück Popkultur, ein Teil meiner Jugend. Nicht nur Harry wird erwachsen, ebenso der Leser und der Film selbst.
Ich habe kurz vor dem Kinostart nochmal sämtliche Filme angeschaut und Bücher durchgelesen. Es ist interessant, wie sich meine Blickweise darauf geändert hat.
Buch 6 sehe ich trotz des sehr guten Endes, als schwächsten Teil der Geschichte, weil es nur Bindeglied ist und es hauptsächlich darum geht Informationen zu übermitteln.
Unter dieser Vorraussetzung ist der Film recht gut geworden.
Nachdem ich die letzten beiden Filme zerissen habe (insbesondere den völlig mißratenen Feuerkelch), sag ich es gleich am Anfang: Der Film hat mich überzeugt und fantastisch unterhalten, besonders wegen der gelungenen düsteren Atmosphäre. Er ist mit Abstand der dunkelste der Filme bisher.
Dennoch gibt es wieder einige Punkte, die mich gestört haben:
1) Die Reihe nimmt immer mehr Form einer TV-Serie ein. Ich beziehe mich hierbei aufs Storytelling. Die Haupthandlung wird wie in Film 4 und 5 immer mehr in den Hintergrund gerückt für Nebenschauplätze. Insbesondere der Liebesirrungen. Auch wenn das ganz nett in Szene gesetzt wurde und ich froh bin, dass es dabei ist, so finde ich es schade, dass das zu Lasten von wichtigeren Handlungssträngen fällt (siehe Punkt 2). Ich hätte mir bei den Beziehungsgeschichten etwas mehr Seriösität und besonders Subtilität gewünscht. Somit wirkt das ganze eher wie eine platte Liebeskomödie und die Päärchenbildung wirkt erzwungen und nicht konsequent logisch. Eben ähnlich wie in TV-Serien, wo man Zeit für solche Nebenschauplätze hat und diese sogar braucht um Konflikte zu strecken und die Handlung über so lange Zeit aufrecht zu erhalten. In einem Kinofilm finde ich das unangebracht. Da bringt man sich um die Möglichkeit ein Fantasy-Epos zu gestalten und zieht das ganze auf Serienniveau à la Buffy herunter. Ich nehme an, dass das dem Rest Zielgruppenausrichtung auf Teenager zu verdanken ist. Schade, denn wie das Anfangszitat beweist, ist der Film ansonsten eher Erwachsen, so dass man dem Zuschauer hier mehr Ernsthaftigkeit zutrauen könnte.
2) Der Film hält sich dicht ans Buch, was als Fakt allein weder gut noch schlecht ist. Änderungen, die dem Medium Film oder der Straffung geschuldet sind und die Handlung nicht groß beeinflussen sind akzeptabel umgesetzt worden. Auch wenn viele Fans es sich wünschen: eine 1:1 Umsetzung ist nicht immer sinnvoll. Meine Kritik betrifft die Passagen, die m.E. grundlos geändert oder weggelassen worden sind, die elementar für die Gesamthandlung sind.
Mir fehlen wichtige Erinnerungen an Voldemort und die dazugehörigen Gespräche mit Dumbledore. DAS ist für mich der Hauptgedanke der Geschichte und wurde (wie erwähnt zugunsten der Beziehungsgeschichten) stark beschnitten. Dadurch verliert der Film sein Hauptziel aus den Augen und ich bin gespannt, wie die Macher es im siebten und achten Film schaffen wollen, dass Harry draufkommt, welches die restlichen Horcruxe sind, ohne dass es wie das sprichwörtliche Kaninchen aus dem Hut wirkt.
Die Charakterstudie Voldemorts hätte dem Film sehr gut getan, taucht er diesesmal doch nicht personifiziert auf, sondern immer nur als dunkler Schatten der Ereignisse, der über allem schwebt.
Schade find ich, dass der Trauer um Sirius gar keinen Platz eingeräumt wird, da hätte eine Menge Potential dringesteckt.
Die Änderung, dass Harry am Ende von Dumbledore nicht gelähmt wurde und damit Handlungsfähig bleibt, sowie die kurze Begegnung mit Snape vorher verstehe ich nicht. Das ist für mich ein erzählerischer Fauxpax, der ein zu großer Fingerzeig ist auf die Rolle Snapes.
Zudem passt es nicht zu Harry, dass er tatenlos zuschaut. In jedem Film/Buch wird drauf eingegangen, dass er überall dazwischenstürzt wenn er kann und sich einen Dreck um Anweisungen kümmert, wenn es darum geht jemanden zu retten. Ich empfinde diese Szene als großen Bruch.
3) Die Musik. Nachdem der großartige John Williams die Folgeaufträge hat sausen lassen, konnte es ja nur schlechter werden. Bei dem was Hooper allerdings hier abliefert, kann ich nicht verstehen, warum die Produzenten tatenlos zugesehen haben. Sie scheinen keinerlei Ahnung zu haben, welche Rolle Musik im Film spielt. Ein paar zufällig zusammengesuchte Harmonien und Akkorde, ein paar Unisonopassagen, ein paar schwelende lautmalerische Klänge reichen bei einem Film dieser Größenordnung nicht aus. Sämtlicher Tiefgang ist weg. Man merkt Hooper eindeutig an, dass er "nur" TV Komponist ist (ohne diesen Job herabzuwürdigen, es gibt durchaus auch gute Musiker in diesem Bereich wie Murray Gold) und an seine kompositorischen Grenzen stößt. Er schafft es nicht wie John Williams mit seiner Musik den Film auf eine höhere Ebene zu heben. Er begleitet die Bilder nur und das recht dünn.
Beim Lesen der Bücher hatte ich mir mit John Williams Themen im Ohr bereits vorgestellt, wie grandios und herzergreifend traurig man das Phoenixthema am Ende wieder aufnehmen könnte. Leider sucht man hier vergebens nach Eigenständigkeit des Soundtracks.
Zum Glück hat sich Williams bereits bereit erklärt Film 8 zu übernehmen, wenn es zeitlich passt.
4) Der Idiot auf dem Speicher
Es gibt manchmal eine einzige Szene, die einen ganzen Film herunterziehen kann. Leider hat dieser Film eine solche amateurhafte Szene. Ich weiß nicht, ob das eine Unzulänglichkeit des Drehbuches oder des Regisseurs ist. Es ist die Sezene in der Harry Bella Lestrange verfolgt und mit Ginny durch das Feld rennt. In Fachkreisen nennt man eine Figur die sich dumm verhält und unnötig und unlogischerweise selbst in Gefahr begibt "Idiot auf dem Speicher". Benannt nach bekannter Klischeefigur aus B- Horror Filmen, wo die Figur ein Geräusch auf dem Speicher (oder sonstwo) gehört hat und nur mit einer Taschenlampe bewaffnet sich aufmacht nachzuschaun was das wohl war. So dämlich wird sich keine Figur verhalten, es sei denn im Affekt. Das ist hier nicht der Fall. Mir hat diese Szene den Film ziemlich vermiest und ich habe sie als plumpes Spannungserheischen abgehakt.
Zum Schluss noch ein paar positive Anmerkungen:
1) Die Schauspieler
Alan Rickman, der wohl prägenste Schauspieler dieser Serie bekommt endlich wieder mehr Leinwandzeit, wie immer großartige Darbietung. Seine "Offenbarungsszene" hat mir einen Schauder über den Rücken laufen lassen.
Michael Gambon ist endlich angekommen als Dumbledor. Während er in Film 3 gewöhnungsbedürftig, in Film 4 und 5 etwas lustlos wirkte (was seine Interviews bestätigen) läuft er hier zu Bestform auf. Endlich merkt man, was er für ein klasse Schauspieler ist.
Es scheint Tradition bei den Potter Streifen zu sein, dass die Neuzugänge 100 % passen und gute Leistung liefern. Jim Broadbent alias Slughorn macht einen sehr guten Job.
Und dann noch ein Wort zu zweit "alten" Gesichtern.
über die Jahre hinweg hat Radcliff sich gut entwickelt. War am Anfang sein hölzernes Spiel in dem Trio noch der Störfaktor, so hat er seine Entwicklungsmöglichkeiten ausgeschöpft, was man bei den beiden anderen nicht behaupten kann. Die ziehen immer noch die selbe Fluppe wie zu beginn. Großes Lob also für den Potter Mimen, nachdem ich die letzten Jahre über ihn gemeckert habe.
Und auch Tom Felton liefert eine gute Leistung ab als Malfoy. Endlich hat er Gelegenheit dazu.
2)Die Atmosphäre
Der Film ist sehr düster und auch Visuell sehr dunkel gehalten. Insbesondere ist hierbei der Anfang des Films zu nennen, der mir sehr gefällt. Dadurch dass London und der Untergrund mit einbezogen werden kommt eine ganz besondere Atmosphäre auf.
Alles in allem hat mich der Film glänzend unterhalten. Bis auf angesprochene Kritikpunkte und dass ich der ermordeten Hauptfigur einen etwas langsamer in Szene gesetzten Abgang gewünscht hätte und es schade finde, dass die Beerdigung wegfällt, kann ich aufgrund der Buchvorlage nur sagen: Gute Umsetzung. Atmosphärisch dichter Film.
Daher 3,5 Sterne, wohlwollend auf 4 aufgerundet.
PS: Meine bisheriger Potter Filmranking (wobei man die Filme nicht wirklich vergleichen kann)
1. Stein der Weisen (*****)
2. Gefangene von Azkaban (*****)
3. Kammer des Schreckens (*****)
4. Halbblutprinz (**** )
5. Orden des Phoenix (*** )
6. Feuerkelch (** )
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